OLG Stuttgart, 06.09.2018, 4 W 63/18

Unzulässige Hassrede auf Facebook


Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass wegen eines Facebook-Kommentars, bei dem es sich um eine sog. Hassrede handelt, Facebooks 30-tägige Sperre rechtmäßig ist. Damit wies das Gericht die Klage eines Facebook-Nutzers zurück, der sich gegen eine von Facebook ausgesprochene 30-tägige-Sperre wehrte. Der Kläger hatte im Zusammenhang mit der Flüchtlingskrise folgenden Beitrag verfasst: „Wie sagte schon Nostradamus: übers Meer werden sie kommen wie die Heuschrecken, aber es werden keine Tiere sein...wie recht hatte der Mann...“. Diesen Beitrag bemängelte Facebook im Hinblick auf ihre Gemeinschaftsstandards, löschte den Beitrag und legten dem Kläger eine 30-tägige Sperre auf. Der Kläger versuchte daraufhin nach erfolgloser Abmahnung, im Wege der einstweiligen Verfügung, Facebook zu untersagen, den Kommentar zu entfernen und ihn zu sperren. Bei dem Beitrag handelte es sich seiner Ansicht nach um eine von Art. 5 GG geschützte Meinung. Außerdem sei nicht klar zu erkennen, dass er sich tatsächlich auf Flüchtlinge beziehe. Das LG Ulm wies dieses Anliegen zurück und auch das OLG Stuttgart verneinte das Anliegen des Klägers und bestätigte die Entscheidung des LG. Das Gericht führt aus, dass Facebook bei Äußerungen, die eine Hassrede darstellen, aufgrund seiner Nutzungsbedingungen und Gemeinschaftsstandards dazu berechtigt sei, die strittigen Maßnahmen vorzunehmen, ohne dass sich der Antragssteller auf die Leistungserfüllung gemäß dem Nutzungsvertrag berufen könne. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit von Facebook-Beiträgen stünden sich auf der einen Seite die Meinungsfreiheit des Verfassers aus Art. 5 Abs. 1 GG und auf der anderen Seite das allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Nutzer aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG gegenüber. Außerdem bestehe daneben ein „virtuelles Hausrecht“ von Facebook aus Art. 14 GG. Diese verschiedenen Positionen müssten stets miteinander abgewogen werden, um einen möglichst weitreichenden Grundrechtsschutz aller Beteiligten zu gewährleisten. Damit sich der Beitragsverfasser aber auf Art. 5 GG berufen könne, müsse es sich bei dem Beitrag auch tatsächlich um eine Meinungsäußerung handeln und nicht um eine Tatsachenbehauptung, die nicht unter den Schutzbereich der Meinungsfreiheit fällt. Das Gericht sah in dem Beitrag des Klägers eine Meinungsäußerung, die aber an der Grenze zur nicht mehr geschützten Schmähkritik liege. Einem Leser blieben vor allem die Worte „sie“, also die Migranten und „kommen wie Heuschrecken“ verknüpft im Gedächtnis. Auch seien Heuschrecken im deutschen Sprachkreis als eine der zehn biblischen Plagen angesehen und abwertend konnotiert. Daran ändere auch der Abschnitt „aber es werden keine Tiere sein“ nichts. Folglich vergleiche der Kläger schlicht Menschen mit Heuschrecken, was den Beitrag zur Meinungsäußerung qualifiziere. Insgesamt müsse die Meinungsfreiheit des Klägers hinter den anderen Grundrechtspositionen zurücktreten.